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    Eine Brauerei macht sich unabhängig von Gas

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    06. November 2024
    7:00 Min.

    Mut wird belohnt: In diesem Artikel erfahren Sie, wie eine Brauerei beherzt Entscheidungsfreudigkeit zeigt, Steinecker kreative Lösungen findet und der Betrieb im Ergebnis mit einer rekordverdächtig klein ausgelegten Wärmeversorgung auskommt.

    Die unsichere Gas-Versorgungslage im Jahr 2022 brachte bei der ostdeutschen Bergquell Brauerei Löbau einen weiteren Energiebaustein ins Rollen und hat in der Folge mutige Umbauten ausgelöst. Das Unternehmen war schon längst ein Vorzeigebetrieb in Sachen Energieeffizienz und auf dem Laufenden hinsichtlich der technischen Möglichkeiten. Als das Risiko einer eventuellen Gas-Mangellage mit drohendem Lieferstopp für die Brauerei schwer einzuschätzen war, schritt der Eigentümer kurzerhand zur Tat: Steffen Dittmar holte das Energieberatungs-Team von Steinecker zu sich ins Haus. Mit viel Kreativität und Engagement von beiden Seiten machte der Betrieb sich innerhalb weniger Monate unabhängig von Gas als alleinige Basis für die Wärmeerzeugung und drückte nicht nur seinen Wärmeverbrauch erneut, sondern vor allem auch die Wärmestromspitzen auf rekordverdächtig niedrige Werte. 

    Dass die Brauerei diesen Weg einschlug, war keineswegs überraschend, denn Tradition und modernste Technik gehen in der Bergquell Brauerei Löbau Hand in Hand. 1846 gegründet und bis Mitte der 90er Jahre als Regionalbrauerei mit geringem Ausstoß geführt, hat sich der Betrieb aus Sachsen mittlerweile zu einer Spezialitätenbrauerei gewandelt, die deutschlandweit ausliefert. Neben klassischen Bieren wie Bergquell Pilsener oder Helles ist Bergquell vor allem für seine innovativen Bierkreationen bekannt, beispielsweise das Lausitzer-Porter sowie das Kirsch- und Erdbeer-Porter. Gebraut wird mit regionalen Zutaten und in traditionellen Verfahren. Daheim in der Oberlausitz liefert die firmeneigene Pferdekutsche Bierfässer aus und auf Festen erfolgt der Ausschank aus eigens dafür umgebauten Trabis im Firmenlook. 

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    In der Oberlausitz liefert die Pferdekutsche der Bergquell Brauerei Löbau Bierfässer aus und auf Festen erfolgt der Ausschank aus eigens dafür umgebauten Trabis im Firmenlook. Bildnachweis: Bergquell Brauerei Löbau

    Hinter all der Folklore verbirgt sich aber ein hochmoderner Betrieb mit starkem Fokus sowohl auf Qualität als auch auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Abgefüllt wird in Pfandflaschen aus dem Mehrweg-Pool, der Einkauf erfolgt  regional, auf den Dächern laufen Photovoltaikanlagen, Prozesswasser kommt aus dem hauseigenen Brunnen. 2008 installierte Steffen Dittmar ein neues Sudhaus von Steinecker und brachte die Brauerei damit technisch und energetisch auf den damals neuesten Stand. Trotzdem zögerte er nicht, als Steinecker 2010 einen Pilotkunden für seine neu entwickelte Energieschaukel EquiTherm suchte. Das Konzept beheizt den Maischebottich mit Überschusswärme aus der Würzekühlung und es ermöglicht die bessere Einbindung eines vorhandenen Pfannendunstkondensators, sodass sich der Energieverbrauch im Sudhaus oft um 30 bis 50 Prozent reduzieren lässt. „Damit senken wir nicht nur den Wärmeverbrauch insgesamt, sondern vor allem reduzieren wir auch Energiespitzen, was das Kesselhaus sehr stark entlastet,“ erklärt Helmut Kammerloher aus dem Bereich Product Development bei Steinecker. Er hat Bergquell schon damals betreut und erinnert sich: „Die Entscheidung, das nur zwei Jahre ‚alte‘ Sudhaus noch einmal aufzurüsten, war beachtlich.“ Aber Steffen Dittmar fühlte sich durch die Einsparungen schnell bestätigt: „Unser Vertrauen in Steinecker hat sich ausgezahlt.“ 

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    Schon seit Jahren legt die Brauerei ihren Fokus auf Qualität, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. So war die Bergquellbrauerei Pilotkunde für die Energieschaukel EquiTherm.

    Öffentlich anerkannt wurde sein Mut außerdem, zum Beispiel durch das „Best Practice Energieeffizienz“-Label 2013 der Deutschen Energieagentur Dena und den Sächsischen Gewerbeenergiepass 2011. Auch Steinecker wurde für seinen EquiTherm ausgezeichnet und erhielt 2012 den Hauptauszeichnung des Bayerischen Energiepreises; und die patentrechtlich geschützte Erfindung wurde in die einschlägige Fachliteratur aufgenommen.

    Die Ausgangslage

    Als es 2022 eng zu werden drohte mit einer gesicherten Gasversorgung war die Bergquell Brauerei Löbau dank ihrer früheren Investitionen also eigentlich gut gerüstet. „Der Primärenergieverbrauch der gesamten Brauerei inklusive Abfüllung lag bei etwa 26 Kilowattstunden HS (Heizwert) pro Hektoliter Bier, das war deutlich besser als in anderen Betrieben dieser Größe,“ sagt Kammerloher und ergänzt: „Und das mit traditionellen Brauverfahren, also ohne High Gravity.“ Doch sollte wirklich ein Lieferstopp kommen, wäre auch sein Betrieb nicht gefeit, erklärte Steffen Dittmar damals der Sächsischen Zeitung: „Wenn das Gas knapp wird, sind Brauereien nicht systemrelevant. Dann verdirbt das Bier im Tank, weil es nicht mehr abgefüllt werden kann, da hilft auch eine Ankündigung zwei bis drei Wochen vorher nichts.“ 

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    Um unabhängig von der Versorgungslage zu sein, kontaktierte Steffen Dittmar Steinecker mit einer anspruchsvollen Aufgabe: Wärmestrom anstelle von Gas für die Haupt- und Nebenverbraucher der Brauerei.

    Um sich hier unabhängiger zu machen, kontaktierte Dittmar damals Steinecker – und stellte eine anspruchsvolle Aufgabe: Es musste nun ein Weg gefunden werden, den Wärmestrom für die Hauptdampfverbraucher, Es musste nun ein Weg gefunden werden, wie man den Wärmestrom für die Hauptdampfverbraucher, Würzekochung und Flaschenreinigungsmaschine, sowie die kleineren Verbraucher, wie KZE, KEG und CIP, ohne den Energieträger Erdgas bereitstellen kann. Zudem sind zwei extrem unterschiedliche Dampfversorgungslinien installiert, eine mit 1 bar und eine mit 7 bar Versorgungsdruck.
    Der dritte Großverbraucher, das Maischgefäß, wurde dank EquiTherm bereits rekuperativ mit der Überschusswärme aus der Würzekühlung versorgt und hat das Kesselhaus nicht mehr belastet.

    Schrittweise zur Lösung

    Der erste Schritt war eine Energieberatung durch Steinecker, die den gesamten Betrieb möglichst genau unter die Lupe nahm, den Energiebedarf aller Prozesse – also neben Würzekochen, Maischen und Flaschenreinigung auch Nachheizprozesse, CIP-Reinigung, KZE-Anlage und Keg-Abfüllung – ermittelte und Wärmespitzen zeitlich quantifizierte. Die grundsätzliche Frage lautete: Was braucht wann wie viel Wärme?

    Sodann musste geklärt werden: Wo lässt sich wie viel Wärme einsparen beziehungsweise ins System zurückschaukeln? Ist es möglich, Energiespitzen gesichert so zu reduzieren, dass der große Dampfkessel abgeschaltet werden kann, ohne dass es Einschränkungen im Produktionsablauf gibt? Das waren die Voraussetzungen, um am kleinen Kessel einen Zweistoffbrenner nachzurüsten, um im Ernstfall die Produktion mit Heizöl aufrecht halten zu können.

    Die Lösung lag zum einen beim Braumeister Guido Sattelmaier, der zusammen mit seinem Team die Prozesse im Sudhaus und der Füllerei mit Herzblut optimierte, und zum anderen in der Reduktion von Verlusten. Der erste entscheidende Baustein war jedoch eine zusätzliche, umfangreiche Rekuperation von Abwärme.
    Der zweite wichtige Baustein war die Implementierung eines Energiedruckspeichers, der Energiespitzen abpuffert und so die Versorgung aus dem kleinen Dampfkessel möglich macht. Als Speicher wurde ein vorhandener zylindrokonischer Tank umfunktioniert, der nun immer dann aus dem Dampfkessel nachgeheizt wird, wenn dieser nicht mit Nennlast betrieben wird. Dieser Energiespeichertank versorgt nun die Flaschenreinigungsmaschine und bedient zu gewissen Zeiten die Warmwasser-Nachheizung der Brauerei, sodass als Peak-Verbraucher nur noch das Würzekochen direkt am Dampfkessel hängt.

    „In der Theorie ist das alles relativ einfach, aber es musste ja zum einen schnell gehen und zum anderen hatte der kleine Dampfkessel simulationstechnisch keine Reserven. Das war Neuland.“ Helmut KammerloherProduct Development bei Steinecker

    Es stellte sich nämlich heraus, dass der Dampfkessel schnell ins „Schwitzen“ kam und Dampf mit zu viel Kondensat förderte, wenn Regelprozesse nicht beherzt an- und abgefahren wurden. An dieser Stelle lieferten nun das Prozessleitsystem Botec von Steinecker und dessen erfahrener Programmierer den Schlüssel zum Erfolg. Dank der internen Möglichkeiten wurde hierfür kurzerhand ein parameterabhängiger Baustein entworfen, der den Siedeverzug im Dampfkessel verhinderte und damit eine sehr konstante Fahrweise ermöglichte – ähnlich einem Blockheizkraftwerk, das möglichst immer mit Nennlast betrieben werden möchte. Zudem konnten Signale einer älteren Fremdmaschine ausgelesen und in Botec nutzbar gemacht werden. „Während dieser Umstellungsphase habe ich mich manchmal gefragt: War es die richtige Entscheidung?“, erinnert sich Steffen Dittmar. „Doch mein Vertrauen in die Arbeit von Steinecker und die zielstrebige Lösungsfindung bei unvorhersehbaren Komplikationen haben mir immer wieder gezeigt: Ja, meine Entscheidung war richtig!“

    Das Ergebnis kann sich sehen lassen

    Heute versorgt sich die Brauerei ausschließlich mit dem kleinen Dampfkessel, der maximal eine Tonne Dampf pro Stunde bei einem Kesseldruck von durchschnittlich 5,5 BarG (das sind circa 580 Kilowatt) produziert. Da die Brauerei jetzt in der Hochsaison 1.350 Hektoliter Kaltwürze am Tag produziert (und entsprechende Mengen abfüllt), kommt sie damit auf eine rekordverdächtig niedrige, spezifische Kesselleistung von nur noch 430 Watt pro Hektoliter. In diesem Wärmestrom ist alles enthalten: Sudhaus, Flaschenreinigung, KZE-Anlage, Keg-Abfüllung, CIP-Reinigung, Nachheizvorgängen und weitere. „Selbst hocheffiziente Großbrauereien erreichen oft nur eine spezifische Kesselleistung von 1,5 Kilowatt pro Hektoliter und kleinere Brauereien bis 100.000 Hektolitern Jahresausstoß liegen sogar manchmal bei 3,5 Kilowatt pro Hektoliter installierter Kesselleistung“, so Kammerloher. 

    Auch Brauereibesitzer Dittmar ist zufrieden: „Unsere Erwartungen wurden erfüllt und seit dem ersten Tag der Umstellung konnten wir Einsparungen erzielen. Ich möchte den vielen fleißigen Mitarbeitern von Steinecker und meinem Brauereiteam danken, ohne deren Zusammenarbeit es keinen Erfolg gegeben hätte. Um ehrlich zu sein, freue ich mich schon auf kommende Innovationen, sicher hat Steinecker bereits etwas im ‚Schubkasten‘. Nur Mut, wir sind bereit!“
    Spielraum für die Umsetzung neuer Ideen hat die Brauerei durch den Umbau gewonnen. Denn: Üppig ausgestattete und kostenintensive Kesselhäuser haben sowohl einen hohen CapEx als auch OpEx*, weil überdimensionierte Anlagen sehr viel höhere Energieverluste aufweisen. Dagegen hat die extrem niedrige spezifische Kesselleistung in der Bergquell Brauerei Löbau gleich mehrere sehr positive Effekte.
    Zum einen reduzieren sich damit die Kesselverluste erheblich und es fallen auch geringere Wartungs-, TÜV- und elektrische Kosten an. Ein interessanter Aspekt ist zudem die reduzierte Anschlussleistung beim Versorger, weil hier relativ hohe Gebühren für die Bereitstellung des maximalen Erdgasflusses anfallen können. Und natürlich liefern weniger verpflichtende Rücklagen einem Unternehmen mehr Investitionsspielraum für zukünftige Projekte.

    Ein solches Projekt könnte die Implementierung einer Wärmepumpe sein, die sich für eine derart optimierte Brauerei besonders schlank und auf den Punkt auslegen lässt. Die gleichmäßige Betriebsweise einer solchen Anlage produziert somit auch keine unkalkulierbaren hohen elektrischen Peak-Kosten, die vom Stromversorger oder Netzbetreiber erhoben werden und in vielen Ländern den Strompreis oft stark nach oben treiben. Es könnten sogar prinzipiell, dank einem zentralen Energiespeicher, systemrelevante Regelfunktionen übernommen beziehungsweise dynamische Stromtarife genutzt werden, die in Deutschland übrigens ab 2025 von jedem Versorger verpflichtend angeboten werden müssen. „Unsere Erwartungen wurden erfüllt und seit dem ersten Tag der Umstellung konnten wir auch Einsparungen erzielen, die nach einem ganzen Jahr vermutlich etwa 700.000 kWh erreichen werden,“ erklärt Steffen Dittmar. 


    * CapEx: Capital Expenditures (Investitionsausgaben), OpEx: Operational Expenditures (Betriebsausgaben)

    06. November 2024
    7:00 Min.

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